ne

ne, ne- (li. "nein", ne-, [slav. ne, ai. na, la. ne- "nicht"]), nicht, Verneinungspartikel;

1) betont verbindet sich ne zu einem Worte

a) mit dem Zeitwort und verneint den ganzen Inhalt des Satzes: es neraudu, ich weine nicht.
vārna vārnai acīs neknābj, eine Krähe hackt der andern die Augen nicht aus. Ungewöhnilch (aus metrischen Gründen): vai es biju ne meitiņa (gew.: vai es nebiju meitiņa)? BW. 29483. In den zusammengesetzten Zeiten verwächst die negation ne gewöhnlich mit dem hilfszeitwort, seltener mit dem Partizip und Infinitiv: iet man bija tuo celiņu, kur es biju negājusi (gew.: kur es nebiju gājusi), ich musste den Weg gehen, auf dem ich nicht gegangen war. es nekurtu uguntiņu, būt[u] māmiņa nekūrusi (gew.: nebūtu m. kūrusi). kâ tai bija nedziedāt (gew.: kâ tai nebija dziedāt)? BW. 1146. Wenn von den Verben kaitēt, schaden, aizmirst, vergessen, nuoliegt, verbieten ein Infinitiv abhängt, so kann sich zu dem Infinitiv zur ausdrücklichen Bezeichnung eines negativen Sinnes die Negation gesellen: dieva dē̦ls man aizliedza ne zariņu nenuolauzt, verbot mit auch nur ein Zweiglein zu brechen BW. 4978, 4. grib nuoliegt suņus neturēt (neben turēt), man will verbieten, Hunde zu halten. kas kait man nedziedāt od. kas nekait man dziedā? was hindert mich zu singen? aizmirsās mātei ruoku neieduot (Var.: man mātei ruoku duot). ich vergass der Mutter die Hand zu reichen. Solch eine scheinbar pleonastische Negation kommt auch beim prädikativen Partizipium vor: neliedzuos negājis (neben gājis), ich lehnte nicht ab zu gehen BW. 1294. saimnieks neliedzās Ažu grūdis (neben negrūdis), der wirt leugnete nicht, dass er A. (nicht) gestossen habe Aps. es aizmiršu brālīšiem krustiem dvieļus nekārusi. In Fragesätzen, auf welche man eine bejahende Antwort erwartet, steht die Negation ne, ebenso in Ausrufesätzen, die aus Fragen hervorgegangen sind: vai tu man neklausīsi? wirst du mir nicht gehorchen? mērā viņi mums nevar (neben var) kaitēt, wie sehr können sie uns (nicht) schaden! kāda aplamība neparādās (neben parādās) viņa darbuos! Eine sehr beliebte Eigentümlichkeit der lettischen Sprache besteht in der Wiederholung eines affirmativen Satzes in negativer Form: kur es iešu, kur neiešu? wohin soll ich gehen? BW. 4085. rūca, rūca dundurīši; kur tie rūca, kur nerūca? nezināja, kur nu ir, kur nav. Oft mit Unterdrückung des negierten Verbs: jāgriežas atpakaļ, vai grib, vai ne LP. V, 152. upe tai pašā brīdī nezin kur nuozudusi, kur ne LP. V, 278. te kur gadījies, kur ne, izlien nuo sūnām mazs cilvēciņš I, 154;

b) ne, betont, als erster Teil einer Zusammensetzung mit einem Adjektiv, einem vom Adjektiv abgeleiteten Adverbium und einem Partizip verleiht entgegengesetzte Bedeutung und entspricht dem deutschen un-: negudrs, unklug;
nelabi, schlecht; negaiduot, unerwartet; nepazīstams, unbekannt. Nicht alle Adjektive können mit ne zusammengesetzt werden, so nicht

α) die Adjektive, welche, Farben bezeichnen, z. B. me̦lns, sarkans, weil es hier keinen einfachen Gegensatz gibt, aber in übertragener Bedeutung, wo ein Gegensatz vorhanden, ist auch bei einer Farbenbezeichnung eine derartige Zusammensetzung möglich, z. B. baltas un nebaltas dienas, glückliche und unglückliche Tage;

β) die Adjektive, welche eine negative Eigenschaft ausdrücken,verbinden sich im allgemeinen nicht mit ne zu einer Zusammensetzung, z. B. briesmīgs, schrecklich (nicht
* nebriesmīgs), vâjš, schwach, nikns, böse, kails, pliks, kahl, slikts, schlecht;

γ) weil bei vielen Adjektiven ein besonderes Adjektiv für den Gegensatz existiert, so ist zufolge dessen die Zzusammensetzung mit ne entweder gar nicht gebildet oder wenigstens nicht beliebt, z. B. auksts, kalt,
Gegensatz silts, warm;

c) weniger häufig sind die Zusammensetzungen mit Substantiven, z. B. nelaime, das Unglück,
nemākulis, der Unwissende. Einige hierher gehörige Zusammensetzungen dienen zur Bezeichnung von etwas Schlectem, z. B. nedarbs, die Untat, negaiss, das Ungewitter, nezāles, das Unkraut, nezvē̦rs, das Untier u. a.;

d) ne verbindet sich mit einigen Pronomen und pronominalen Adverbien, nicht aber in negierender, sondern in verallgemeinernder Funktion: kas nekas irgend etwas,
kāds nekāds, irgend wie beschaffen, kâ nekâ, irgend wie, kur nekur, irgendwo. II. ne, unbetont, gesellt sich

a) zu einem Pronomen od. pronominalen Adverbium: ne˙kas, niemand, nichts,
ne˙kad, nie, ne˙kur, nirgends, ne˙viens, keiner, so auch ne˙maz, gar nicht. In diesen Verbindungen empfindet das Sprachgefühl Zusammensetzungen trotz der Betonung der zweiten Silbe; vgl. ne viens tur bija, bet daudzi, da war nicht einer, sondern viele; ne˙viens tur nebija, niemand war da;

b) ne verneint einen einzigen Satzteil, vor dem es steht, ohne mit ihm zu einer Zusammensetzung zu verwachsen, wobeidem Sprechenden das Gegenteil des negierten Begriffs vorschwebt: ne ikdienas saule spīd, ne ikdienas lietus līst, nicht jeden Tag (sondern nur manchen Tag) scheint die Sonne, nicht jeden Tag regnet es.
ne visām dziesmiņām es zināju tikumiņu. ne labais mani pēla BW. 8707;

c) nicht einmal:
māte mani pame̦tusi ne cinīša dižumiņu, die Mutter hat mich zurückgelassen in der Grösse nicht einmal eines Hümpels BW. 4597. ne nu būtu atgājusi, ich wäre auch jetzt nicht gekommen RKr. XVI, 120. [ne˙maz ne, durchaus nicht]. Wenn das Verb negiert ist, so kann ir "sogar" statt ne stehen in der Bedeutung "nicht einmal": man nebija baltas dienas ir (Var.: ne) baltā saulītē BW. 4099. es neņe̦mtu ievas ziedus ne (Var.: ir) savā ruociņā 1231. skuopuļi, kas ne (ir) mirdami nenuovēlējuši savu naudu pakaļpalicējiem... LP. VII, 1136. muiža nebijis ūdeņa ne (ir) pilīties LP. V, 246. Zuweilen so mit zu ergänzendem Verbum finitum: bet ve̦cie nuo tam ne dzirdēt (sc.: negrib), aber die Alten wollen davon nichts hören Etn. III, 68. juo duomā aizmigt, juo miegs ne prāta (sc.: nenāk) I, 146;

d) als (nach einem Komparativ, gew. nekâ): vairāk sievu ne meitiņu, mehr Frauen als Mächen
Ltd. 872. kādēļ man ruozes zied vairāk bālas, ne sarkanas? BW. 6448. [rīts būs gudrāks ne vakars Zb. XVIII, 339. es vairāk laba atvežu nuo juos (= viņu) ne mūsu māte izdeve 276.] Ohne einen vorhergehenden Komparativ: apķeries kuplu priedi, ne snauduļa līgaviņu! umarme eine dichtbelaubte Fichte; nicht eine schläfrige Braut (umarme lieber eine d. F. eine schl. Br.)! lai sadega ze̦lta nauda ar zilām ugunīm, ne es savu vainadziņu bezlaikā nuovalkāju BW. 6568. kam, kalēj, važas kali, ne manam kumeļam, wem anders schmiedetest du, Schmied, die Ketten, als (wenn nicht) meinem Rösslein? BW. 7281. kas gulbīti baltu dara, ne jūriņas ūdentiņš? wer anders macht den Schwan weiss, als das Meerwasser. [ar kuo jūs savas aitas baŗuojat ne (wenn nicht [?]: jājat, tautas, ne šuodien! man pūriņš sen gatavs, reitet, Freier, wenn auch (schon) heute! BW. 7651. [aus Herbergen. Die Bed. "wenn auch" kann ne schwarlich haben. Für "ne šuodien" muss wohl naš (s. dies) šuodien gelesen werden, das vom Aufschreibenden als na (hochle. für ne) šuodien aufgefasst und irrtümlich in schriftle. ne šuodien geändert ist];

f) ne vēl, ne tad nu vēl, geschweige denn:
jūs nee̦sat zīles vē̦rti, ne vēl visa vainadziņa BW. 6069. viņš ļauna vārda viņam netika teicis, ne tad nu vēl pirkstu piedūris Aps.;

g) ne-ne, = nei- nei, nedz-nedz, weder-noch:
ne man laivas, ne kumeļa, ne ar ciema zeltenītes Mag. VIII, 2157. manis dēļ tu, bērziņ, ne tu augi, ne lapuoji 37. mežinieki bailēs neatminējuši ne šī, ne tā LP. I, 185;

h) in der Regel werden im Le. zwei Negationen nebeneinander gebraucht, ohne sich gegenseitig aufzuheben: ne˙viens nevar diviem kungiem kalpuot. cilāts akmens ne˙kad neapsūnuo. Im VL. wird die Wiederholung zuweilen unterlassen: nevar kungi kuo (st. ne˙kā) darīt Ltd. 1883. In den mit ne-ne beigeordneten Sätzen wird das Verb nicht negiert, wenn ne durch ein anderes Wort getrennt vor dem Verb steht, sonst aber tritt die Negation zu dem Verbum: ne ugunī sade̦g, ne ūdenī nuoslīkst, ne salmuos čab, weder verbrennt es im Feuer, noch ertrinkt es im Wasser, noch raschelt es im Stroh
(Rätsel). tā ne smuka bija, ne nesmuka Zbiór XVIII, 409. kur šī grāmatiņa ir, tur ne ugunsgrē̦ks ceļas, ne arī pē̦rkuons iespeŗ; aber mit Voranstellung des Verbs: tā nebija ne smuka, ne nesmuka. Zuweilen mit Weglassung von ne im ersten Satze: es nebiju uzaugusi, ne prātā ņe̦musies BWp. 1943. [III ne, wie (?): es savu pazinu tumšā naktī: juo salda mutīte ne (oder: süsser als?) me̦dutiņš? BW. 111172; zu dieser Bed. s. Le. Gr. 353 2]

Avots: ME II, 704, 705, 706


ne

ne,

2) g): ne visā pašu nuovadā, nei apkārtējuos pārnuovaduos Janš. Paipala 3. Zur Etymologie s. Jensen IF. XLVIII, 125.

Avots: EH II, 9